Mittwoch, 12. November 2014

Colada Morada


Lasset mich mit einer kleinen Variation (GKV 23) auf dem Thema eines Abschnittes aus dem letzten Post beginnen, insbesondere für Diejenigen die hier erst anfangen zu lesen oder vergessen haben was sie gelesen haben.

Is(s)t man Ende Oktober/Anfang November in Ecuador, so kommt man um Colada Morada nicht drumrum. In jedem Haushalt wird sie zubereitet, jede Bäckerei, Konditorei oder Restaurant bietet sie feil. Man könnte den Eindruck haben dass die ganze Stadt danach duftet - gut, wenn der Smog nicht wäre.

Was ist den nun diese Colada Morada? Eine Süßspeise. Freuet euch nicht dass hier der Post schon zu Ende ist. Neeeiiiinnnnn. Ich erspare euch nicht all die Details. Fangen wir mal mit der Namensgebung an. Mora ist die Brombeere. Außer dass sie eine der unzähligen Ingredenzien ist, hat die Süßspeise im Endstadium genau diese Färbung. Soweit die appetitliche Erklärung. Eine andere wäre dass morado der Bluterguss ist und dieser entspricht ja auch der gleichen Nuance. Colada kennen die Meisten von dem super süßen Cocktail Pin(tilde)a Colada und bedeutet (Ab)Gießen bzw. das Verb colar steht für sieben. Apropos pin(tilde)a, Annanas ist eine weitere Zutat.

Wie wird die Colada Morada zubereitet? Man startet damit Aromen herzustellen. Es wird eine Infusion hergestellt mit Zimtstangen, Nelkennägel, ishpingo (Ocotea quixos, Lauraceae), süßem Pfeffer, Zitronenstrauchblätter, Zitronenverbeneblätter, Myrte und ataco (Amaranthus quitensis). Ist der Sud fertig, werden Brombeeren, mortin(tilde)o (eine Heidelbeerenart die nur in den Anden wächst), naranjilla (Lulo oder weiterhin für die Biologen Solanum quitoense)

und Mehl vom schwarzen Mais hinzugefügt. Was in Südamerika nie fehlen darf ist Zucke und das auf keinen Fall zu knapp. Langsam wird das Ganze unter ständigem Rühren (ich hab jetzt noch einen Drehwurm von der Zubereitung in der Fundación) aufgekocht, bis es eindickt. Zwischendrin wird es gesiebt. Kurz bevor die die das Sagen hat sagt "fedich" werden noch klein gewürfelt babaco (Andenpapaya), frutilla (eine kleinwüchsige amerikanische Erdbeerart) und nochmals Ananas hinzugefügt.


Die Colada Morada nimmt man nicht einfach so zu sich. Sie wird immer und untrennbar von den Guaguas de Pan begleitet. Dies sind süßen Brötchen, in Kinder- oder Tierform, verziehrt mit grellen Farben und mit Käse, Marmelda oder Schokocreme gefüllt. Als die für die Fundación vorbestellten 140 Guaguas in der Bäckerei abgeholt wurden, war sie wie immer in diesen Tagen mehr als überbevölkert, so dass man kaum mit dem Auffüllen der Regale nachkam. Dadurch waren die Hälfte der Guaguas nicht verziehrt. Es hat sich als Glücksfall herausgestellt, denn den Kindern hat das Verziehren ihrer eigenen Guagua de Pan mindestens so viel Freude bereitet wie später das Verzehren selbiger. Es war auch sehr rührend zu beobachten dass viele der Kinder nicht alles aufgegessen haben, sondern auch noch was für die Anderen, zu Hause, mitgenommen haben.

Traditionell wird die Colada Morada am 2ten November verspeißt, also an Allerseelen. In Ecuador ist dies der Feiertag an dem alle frei haben und nicht Allerheiligen. Und der 3te ist dann auch gleich noch frei, weil dies der Befreiungstag der Stadt Cuenca ist. So haben also alle genug Zeit zu ihren Familien zu fahren, um nach dem Besuch des Grabes ihrer Verstorbenen gemeinsam Colada Morada zu essen (manche ziehen es aber auch vor das verlängerte Wochenende einfach am Strand zu verbringen). Jetzt ist es aber so dass, wie bereits erwähnt, die Süßspeise in jeder Familie zubereitet wird. In rauen Mengen. Und schon in den letzten Oktoberwochen. So kommt die Mutter vorbei und bringt ihre Colada Morada. Die Schwester kommt auch vorbei und bringt ihre Colada Morada. Die von der Nachbarin muss natürlich auch verkostet werden. Und die von diversen Freunden und Freundinen. Na und die von der Dame des Hauses erst recht. Anders ausgedrückt, ich habe so viele Colada Moradas gegessen und genau so viele Guaguas de Pan geköpft, wie oft die Worte Colda Morada in diesem Post vorkommen. Natürlich habe ich bei jeder gesagt dass sie mir schmeckt und dass sie wahrscheinlich die Beste ist. Der Dame des Hauses habe ich aber versichert dass ich es bei ihr mit dieser Aussage ernst meine.

Oh ihr Frevler, die ihr jetzt schadenfroh und hämisch lächelt ob der vielen Colada Moradas die ich mir reinzerren musste. ERZITTERT!!!!!!!!!!! Den die Dame des Hauses hat unter Einsatz ihres Lebens auf einem verbotenen Schwarzmarkt extra für mich ein Päckhen fertig Colada Morada gekauft, zum mitbringen. Dieses muss man nur anrühren und die Früchte dazu geben - ist hier in Ecuador strengstens verboten und das Strafmaß lautet zehn Peitschenhiebe auf der Plaza Grande, aber nur dank der unendlichen Milde des neuen Präsidenten (davor war es noch der Scheiterhaufen). Ich werde bärsönlich die 2 Liter anrühren für denjenigen bei dem die Schadensfreude am größten war, werde neben ihm sitzen während er es sich einflößt und werde schön gesalzene Erdnüsse essen und ein kühles Bier trinken.

Donnerstag, 6. November 2014

Fundación

Was meinen, werter Leser? Ob es denn nicht mein Ziel war in den ersten vier Wochen ein Volontariat zu machen? Doch, doch, mein Herr. Warum ich denn dann über den Flug, das Wetter und Kirchen schwafele und die eigentliche Aktivität der ersten Hälfte der Reise verschweige? Na, na, mein Herr, wer wird denn so ungeduldig sein und dann auch noch so harsche Worte wie verschweigen benutzen! Wollet ihr mir den vorwerfen dass ich den ganzen lieben Tag lang in Museen und Bars rumhänge und womöglich gar keinen karitativen Tätigkeiten nachkomme? Nein mein Herr, ihre Antwort werde ich jetzt nicht aufschreiben; solch Worte kommen mir weder über die Lippen, noch werden sie durch meine Finger in den Äther fliesen. Jedoch bin ich bereit ihrem Anliegen Genugtuung zu verschaffen.

Keuchend, ächzend und dunkle Abgaswolken ausstoßend quäult sich der vollgestopfte Bus im ersten Gang und Schritttempo den mehr als steilen Hang hoch, an dem sich im Norden von Quito das Viertel Santa Maria befindet. Also Schrittttempo von Menschen in der Ebene. Hier bewegen sich die Menschen nur infinitdesimal nach vorne, weswegen auch viele bereit sind die 25 Cent zu bezahlen, selbst wenn sie nur bis zur nächsten Haltestelle mitfahren. Die paar die doch laufen, atmen schwer durch den Mund; genau wie der Bus, der vorne die Schnautze zum Motorraum hin offen hat. Obwohl der Fahrer diese Strecke bestimmt schon tausende mal gefahren ist, versucht er manchmal in einem Gefühl von Idealismus oder Selbstüberschätzung in den zweiten Gang zu schalten. Sobald er die Kupplung tritt, bleibt der Bus schlagartig stehen und schon ist nur noch die vordere Hälfte vollgestopft(er). Tritt er nun das Gaspedal, ist wie durch Zauberhand die hintere Hälfte überbevölkert. Selbstverständlich schafft der Bus diese Steigung nicht und das ganze Prozedere wiederholt sich beim zurückschalten in den ersten Gang.

Ist ja gut, mein Herr! Ich verliere mich nicht weiter in die Beschreibung der Anfahrt, sondern komme auf die Fundación zu sprechen.

Nahe der Endhaltestelle, inmitten von grauen, meist unverputzten, wild in die Gegend gebauten, aber nicht immer fertiggestellten Häusern, befindet sich wie ein bunter Klecks die Fundación Para Dar Esperanza, deren Mauer und Fassade als überdimensionales, fröhliches Gemälde gestatlet ist.

Noch vertreiben sich die bis zu 70 Kinder, die kleinsten sind erst 3, die Zeit mit Spielen, Fussball oder den umherstreunenden, zahmen Hunden. Letztere, von denen es fast genau so viele gibt wie Kinder, machen echt was mit in der oft vergeblichen Hoffnung etwas zu futtern abzubekommen. Ein Junge dreht sich schnell um die eigene Achse, den Schulranzen weit weg gestreckt und erwischt einen voll an der Schnautze. Ein Anderer versucht sich als Reiter auf einem der Viecher, was dieser nicht aushält und zusammenbricht. Und doch ist kein Jaulen oder gar Bissversuch zu vernehmen.

Als sie mich entdecken kommen einige auf mich zugerannt. Die Kleinen wollen umarmt werden, die etwas größeren Mädchen begrüßen mich, wie in Südamerika üblich, mit einem Küsschen auf die Wange und die größten, um die Vierzehn sind schon cool, d.h. die Jungs tauschen mit mir eine Reihe von Handschlägen aus, wärend die Mädchen es vorziehen damenhaft aus der Ferne zu winken. Ich gehe rein und da fällt die Begrüßung mit den vier Mitgliedern des Lehrkörpers (Lili, Sole, Anita, Ricki) und Pati, der guten Seele der Küche, genau so herzlich aus.

Dann geht es auch schon los. Sobald das Tor geöffnet wird, ströhmen die Kinder in den Hof. Manche der Hunde quetschen sich auch zwischen den vielen Beinen durch, werden freundlich aber bestimmt gleich wieder rauskomplementiert. Bevor es in die vier Räume geht, wird erstmal Hände gewaschen. Die ganz Kleinen, noch im Kindergarten oder der Vorschule, haben ihr eigenes Reich in einem Gebäude auf der anderen Seite des Hofes. Die Anderen teilen sich in drei weitere Gruppen ein, mal nach Altersklassen, mal nach "keine Hausaufgaben", "Mathe-Hausaufgaben" und "sonstige Hausaufgaben (Englisch, Sozialkunge, Geschichte etc.)". Gibt es mal keine Hausaufgaben in Englisch, was so etwas wie meine Exklusivdomäne ist, dann springe ich da ein wo Not am Mann herrscht. Das Üben und Wiederholen wird immer wieder praktiziert: das Alphabet, das Ein-mal-Eins, Verben, Vokabeln und dabei lerne ich auch einige neue spanische Worte - während der leckere Duft der aus der Küche durch die Räume wabert immer intensiver wird. Aber natürlich geht es nicht immer soooo ernst zur Sache. Die Kleineren wollen schon mal auf den Arm genommen werden, andere Durchgekitzelt oder durch die Luft gewirbelt werden. Und immer wieder muss ich den Trick mit den beiden Münzen vorführen, bei der die Eine aus einer Hand durch die Tischplatte in die andere Hand wandert. Die Größeren ziehen es vor, falls sie mal schneller fertig sind, gegen den Ball zu kicken. Nicht nur ich versuche mehr über die Kinder und Jugendliche zu erfahen, sondern auch ich beantworte immer wieder Fragen (aus welcher Stadt kommst du, hast du eine Freundin, gibt es Schnee in Deutschland etc).

Nach gut eineinhalb Stunden gibt es Essen und jedes der Kinder nimmt ein dampfendes Schüsselchen und einen Löffel in Empfang. Viele von ihnen haben Probleme in der Familie und das Geld ist sowieso knapp. So ist dies für Einige die einzige Möglichkeit was Warmes zu sich zu nehmen; und auch die einzige Möglichkeit bei schulischen Fragen Unterstützung zu erfahren - bei dem ein oder anderen Zuwendung überhaupt.

Nach dem Essen muss jeder sein Schüsselchen und den Löffel selbst spülen und dann heißt es Zähne schrubben. Wer mit den Hausaufgaben fertig ist darf nach Hause gehen. Meistens bleiben noch ca. eine Handvoll, entweder weil der Lehrer mal wieder recht großzügig war bei der Verteilung der deberes oder weil diese vermaledeite Division schon verwirrend sein kann.

Anschließend ist für den Lehrkörper oft noch nicht Feierabend. Es gilt Hausbesuche zu machen oder "außerschulische" Aktivitäten vorzubereiten.

Zum Beispiel das Verpacken von Geschenken, denn jeden letzen Donnerstag im Monat fällt die Zeit für Hausaufgaben etwas kürzer aus, dafür stehen dann die Geburtstagskinder im Mittelpunkt. So landen in einfachen Tüten Hefte, Stifte, aber auch Süßigkeiten und Spielsachen die aus Spenden stammen und zum Teil bei weitem nicht mehr ganz taufrisch sind. Erst wird gespielt und gesungen, dann werden die diejenigen aufgerufen die ein Jahr älter geworden sind und selbstverständlich bekommen sie ihr Geburtstagsständchen. Kuchen und Süßspeisen gibt es dann für alle.

Is(s)t man Ende Oktober/Anfang November in Ecuador, so kommt man um Colada Morada nicht drumrum. In jedem Haushalt wird sie zubereitet, jede Bäckerei, Konditorei oder Restaurant bietet sie feil. Man hat den Eindruck dass die ganze Stadt danach duftet. Da sich viele Familien der Kinder diese Speiße nicht leisten können, haben wir sie an einem Samstag in der Fundación zubereitet.

Was Colada Morada ist, mein Herr? Nun dazu müsst Ihr euch noch etwas gedulden, den so einem wichtigen, über einen geraumen Zeitraum alles beherrschenden Thema widme ich selbstverständlich einen eigenen Post.

Nach Feierabend fahre ich mit dem Bus mit Lili, Sole und Anita wieder den steilen Hang runter. Ricki zischt auf seinem Motorad an uns vorbei. Es wird viel geredet und man neckt sich gegenseitig. Mein Blick nimmt die tolle Aussicht von hier oben war und schweift über das beleuchtete Straßennetz von Quito, während in mir bereits jetzt ein Gefühl des Bedauerns aufsteigt, dass ich in paar Tagen weiterziehen muss, trotz der imensen Vorfreude das restliche Land kennenzulernen.



Anm.d.Red.: man verzeihe dem unbedachten Schreiberling dass, er nicht das Emma- bzw. Gewerkschafts-korrechte LeserIn oder gar meinE Dame/Herr zu Papier gebracht hat.

Freitag, 31. Oktober 2014

Quitenische Kirchen



Heute kommen wir wie angekündigt, angedeutet oder angedroht auf die Gotteshäuser der Hauptstadt zu sprechen. Allein aufgrund der imensen Anzahl gibt es von diesem Thema kein Ausweg. Der Reiseführer empfielt den Besuch von 15 Kirchen in der kolonialen Altstadt, deren Ausdehnung nun wahrlich nicht so groß ist. Wie gesagt, es handelt sich um die Empfohlenen und bei weitem nicht die komplette Anzahl. Die Unzähligen aus der restlichen Metropole werden gar nicht erwähnt, auch wenn diese als Kontrapunkt zu ihren Urahnen sozusagen, zum Teil eine recht ausgefallene Architektur vorzuweisen haben.

Die Kirchendichte in der Altstadt ist so groß, dass sich z.B. die Iglesia El Sagrario direkt an die Kathedrale anschließt und mit dieser zu einem Sakralkomplex verschmilzt. Über die beiden kann ich nichts aus eigener Erfahrung berichten, da sie immer verschlossen waren als ich vorbei kam. Dafür über zwei, drei andere.


Básilica del Voto Nacional
 
Die wohl neueste und größte Kirche der Altstadt, ja sogar die größte neo-gothische Kirche des gesamten Kontinents, hat einige Besonderheiten aufzuweisen. Beim Namen fängt es an, der mit Basilika der Nationalen Abstimmung doch recht ungewöhnlich ist. Und das kam so: ein Pater, selbst Abgeordneter, hat dem Kongress vorgeschlagen ein Monument zur Konsekration Ecuadors zum Herzen Jesu zu errichten. Dies wurde in einer Abstimmung angenommen und ein Dekret erlassen - warum auch nicht, es gibt ja so wenige Kirchen in Quito. So beauftragte man kurz vor der vorletzen Jahrtausendwende einen französichen Architekten, der Grund warum sie wohl auch oft mit Notre Dame verglichen wird. Und kaum vergehen 100 Jahre, ist sie auch schon fertig, also beinah, auch wenn der vielreisende Pole-Paul sie bereits 1985 gesegnet hat und die Inauguration drei Jahre später stattfand. Mitlerweile hat sich hier so etwas wie ne Legende oder Sprichwort etabliert, dass wenn die Basilika je fertiggestellt sein sollte, dann ein großes Unglück passiert, ja manche sprechen sogar vom Ende der Welt. Selbst wenn das stimmt, mache ich mir da wenig Sorgen, wenn ich an den Kölner Dom oder an die Sagrada Familia denke.

Bereits von Außen sind einige Auffälligkeiten zu beobachten. In manche Steine sind Familiennamen reingehauen. Klar, denn bei einem so langen Zeitraum langt das von der Politik bewilligte Budget vorne und hinten nicht, also müssen auch Spender her. Und schließlich ist es ja auch eine nationale Aufgabe. Manche waren wohl großzügiger, denn einige Namen tauchen gleich auf zwei Steinen auf. Die Wasserspeier sind nicht nur phantasie- oder religiöse Figuren, sondern hier hat man auch auf die in Ecuador lebende Tiere zurückgegriffen: Krokodile, Iguanas, Delphine etc. Und die große Fensterrosette über dem Hauptportal ist nicht rund, wie so oft, sondern um an den Grund des Anlasses zu erinnern in Herzform.

Drinnen sind zwar wie üblich Statuen von Aposteln und Evangelisten, aber statt Heiligenbilder sieht man Bildern von Staatsmännern. Deren sterblichen Überreste befinden sich in einer Rumeshalle ein Stockwerk tiefer. Gegen einen Obullus von 2 Dollar kann man die Türme besteigen, erst über konfortable Steintreppen, dann über nicht mehr so konfortable, gußeisene Schneckentreppen. Aber nicht nur das, man kann über die gesamte Länge des Längsschiffes laufen und dann den Turm des Querschiffes besteigen, was sich recht abenteuerlich gestaltet, da die quasi Leitern super eng sind (weswegen keine amerikanische Touristen gesichtet wurden), mega steil und draußen, in luftiger, windiger Höhe verlaufen. Gott sei Dank haben sie einen beidseitigen Handlauf spendiert, in den sich die Hände bis zum weißen anlaufen der Fingerknöchel verbissen. Da waren die beiden Türme über dem Hauptportal schon bequemer. So bequem, das der Hauptstädler, ganz Geschäftsmann, in den Einen das höchstgelegene Café von Quito und in den Anderen ein Souvenirshop einbaute. In dem mit dem Café konnte man bis ganz oben hin aufsteigen. Neben den nicht funktionierenden Uhren gab es noch zwei Jugendliche zu bestaunen, die sich die luftige Lokation als Drehort für ihr selbstgemachtes Musikvideo ausgesucht haben. Dabei lag der Kameramann auf dem Rücken und der Darsteller tat so als würde er in Rage auf ihn einprügeln, während die dazugehörende Musik aus einem alten CD-Player, dessen Boxen schon ziemlich gelitten hatten, krächzte. Nach mehrmaliger Betrachtung der Aufnahme war man anscheints mit dem Ergebniss nicht zufrieden, den man wiederholte alles wieder und immer wieder. Nach dem vierten mal begann ich mit dem Abstieg.

Eines hatten alle drei Türme gemeinsam: die phantastische Aussicht. Von dem Hinteren in Richtung Berge und von den Vorderen über die Altstadt und dem dahinter gelegenen Panecillo.


Iglesia La Compania de Jesús
 
Wenn sich Reiseführer, Gastfamilie und krächzende Lautsprecherstimme im Touri-Bus einig sind, dann muss es sich wohl um die schönste Kirche in ganz Quito handeln, ja gar in ganz Hispano-Amerika. Kätzer würde sagen um die kitschigste. Die traute Einigkeit geht weiter dass es die Jesuiten waren und dass es sich um Barock handelt. Dann fangen die Meinungen an auseinander zu gehen. Der Reiseführer findet es handele sich um ein herausragendes Beispiel amerikanischen Barocks und will sogar mudjédar Stilelemente sehen (was nicht ganz abwägig ist), ein großes Plakat in der Kirche behauptet aber es sei augsburger Barock. Auf jeden Fall glitzert und funkelt es überall und man wird von dem vielen Gold erschlagen, zumal die Kirche im Vergleich auch recht niedrig ist. Es sind nicht nur die kunstvoll geschnitzen Ornamente vergoldet, sondern auch der Hintergrund, auf dem diese platziert sind. Die Decke, Säulen, die Wände bis zum Boden. Angeblich sollen seinerzeit zwei Tonnen des Edelmetalls verarbeitet worden sein. Das weckt natürlich Begehrlichkeiten und der ein oder andere Schlaue ist auf die Idee gekommen es abkratzen zu wollen; deswegen patroulliert fleißig Security die Gänge entlang.

Sowohl im Kirchenschiff, in der Sakristei und in drei Räumen hinter der Kirche gibt es Gemälde der Escuela Quitena zu bewundern - so langsam rechtfertigen sich die vier Dollar Eintritt. Diese Malschule wurde auch von den Jesuiten ins Leben gerufen. Die schlauen Ordensbrüder haben sich gedacht, warum teuere Gemälde aus Deutschland anschaffen. Wir schnappen uns die talentierten Eingeborene, bilden sie am Pinsel aus und lassen sie Kopien anfertigen, nach den Drucken und Stichen der augsburger Originale. Diese Vorgehensweise ging später als die chinesische Methode in die Geschichtsbücher ein und wurde oft kopiert (!!!). Auf jeden Fall sind die Ausstellungsräume gut gemacht, da man vor jedem Bild in klein das Vorbild sehen kann und damit auch die Unterschiede. Man stellt fest dass es sich nicht um 1:1 Kopien handelt. Das Original ist zwar noch eindeutig zu erkennen, aber die quitenische Varianten sind farbenfroher, manche würden sagen naiver und man hat in den Details Lokalkolorit reingebracht (Indios, für Europäer exotische Tiere etc.). Und ich meine zwei Vorlieben der Südamerikaner ausgemacht zu haben: sind die Drucke meistens in Hochformat, so sind die Gemälde fast alle im Querformat und sind im Original ein, zwei Putten, dann tauchen in der Kopie ganze Heerscharen davon auf - anscheints steht man hier auf pausbäckige, übergewichtige Kinder.



Iglesia de San Francisco
 
Diese Kirche muss ich schon allein aus Gerechtigkeitsgründen mit aufführen, denn wenn ich jetzt so oft die Jesuiten erwähnt habe, dann sollen die Franziskaner nicht zu kurz kommen; wahrscheinlich aber auch weil mir jetzt ein schönes, kühles Franziskaner ganz gut schmecken würde. Und weil die Kirche aus den Steinen eines Inkapalastes errichtet wurde, der vorher an gleiche Stelle zerstört wurde. Und weil sie wegen Erdbeben und Brände unterschiedliche, wild gemixte Stile aufweißt. Und weil mitten im Altar die beflügelte Maria tänzelt, Vorbild für ihr überdimensionales Ebenbild auf dem Panecillo. Und weil sich unter der Kirche, mit Zugang von dem davorliegenden großen Platz, ein Restaurant befindet, das auch Cerveza artesenal verkauft, also kein "Industriebier", sondern ungefiltertes, von einer ganz kleinen Brauerei; aber dies ist nichts besonderes in Quito. Also das mit dem besonderen Bier schon, aber dass man unmittlerbar unter der Kirche dem Komerze nachgeht. Unter der hier Ersterwähnten befinden sich ca. 10 kleine Läden die von Knabbereien bis Installationsrohre alles verkaufen und unter der Kathedrale sind vier Minicafés.

Zur Kirche gehören auch noch zwei Kapellen und das Franziskanerkloster. Beides konnte ich nicht besichtigen, da das Kloster sonntags um die Mittagszeit geschlossen wird und die Kapellen am gleichen Tag um vier geöffnet werden sollten, was aber nicht geschach. Sollte es noch dazu kommen, werde ich den Bericht selbstverständlich nachreichen, da ich ja weiss wie heiß ihr auf klerikale News seid.



La Capilla del Hombre

Abschließen möchte ich diesen Post mit einer besonderen Kapelle. Sie, insbesondere der "Inhalt" stammt von Oswaldo Guayasimin, der als der wichtigste Künstler Ecuadors gilt und ist der Menschheit gewidmet. Sinngemäß hat er gesagt: wenn wir Kirchen für Götter bauen von denen wir nicht wissen ob sie existieren, wenn wir Kirchen Heiligen widmen, von denen wir nicht wissen ob sie heilig waren, warum errichten wir keine Kirchen zu Ehren der Menschen, die seit Jahrtausenden die Erde/auf Erden - an das Verb erinnere ich mich leider nicht mehr genau.

So werden auf überdimensionalen Gemälden mit zum Teil 10m Länge und 4m Höhe die Unterdrückung der indigenen Bevölkerung des gesamten Kontinents angeprangert, die Versklawung von Afrikanern, aber auch die Greultaten der Militärjuntas Anfang der 70er; er war z.B. mit Allende und Neruda befreundet.

Wer Lust hat mal reinzuschauen, die Homepage ist sehr gut gemacht und man kann auch einen virtuellen Rundgang begehen:


http://www.capilladelhombre.com/index.html

 
Der Vollständigkeit halber sei auch noch erwähnt dass, man gleich daneben auch das mehr als großzügige Wohnhaus des Maestros besuchen kann, das genau so belassen wurde wie er es verlassen hatte, als er seine Reise in die USA antrat, wo er an einem Herzinfarkt starb. Leider nur mit einem Guide, der es immer ziemlich eilig hat. So kann man gar nicht richtig die Atmosphäre und die vielzähligen Ausstellungsstücke genießen: neben den eigenen Werken auch präkolumbianische Keramiken, Kolonialobjekte aller Art und im Atellier Photos von Persönlichkeiten die ihn besucht haben, aus der Politik (z.B. Mitterand, Castro), aus der Bunte (z.B. Caroline von Monaco) oder Künstler (z.B. Paco de Lucia).

Geht man am Weinkeller und an dem Grill von der Größe einer Tischtennisplatte vorbei, kommt man in den schön angelegten Garten, mit Pool, Skulpturen und einem herrlichen Blick über Quito. Hier ist die Asche Guayasamins unter dem Baum des Lebens begragen.

Donnerstag, 23. Oktober 2014

Quitenisches Wetter


Freunde, in Reiseführern steht manchmal der ein oder andere Schmarrn drin. Aber eben oft auch nicht. Und deswegen sollte man zwar abwegen, aber Tips und Warnungen durchaus ernst nehmen.

An meinem ersten Tag, dem Freitag, hatte ich mir vorgenommen die Innenstadt, in der auch mein Hostal lag, zu erkunden. Diese besteht aus touristischer Sicht grob gesagt aus zwei Teilen: die koloniale Altstadt für tagsüber und in dem neuen Teil das Ausgehviertel La Mariscal für abends. Nach dem Frühstück hat mir der Blick von der Terasse des Hostals verraten dass der Himmel strahlend blau ist, ohne ein einziges Wölkchen und das bei angenehmen 22 bis 24 Grad. Da ich aber von meiner Ankunft in der Nacht zuvor noch wusste dass es dann irgendwann verdammt schattig verden kann, hab ich mir auch einen Pulli in mein Rucksack gestopft. Danach marschierte ich fröhlich drauf los, denn ich bin der Meinung dass sich eine Stadt immer noch zu Fuß am besten erkunden lässt. Bedenkt man die vielen Sehenswürdigkeiten, gab es doch etwas an Strecke zu bewältigen und da es am ersten Tag mehr darum ging sich einen Überblick zu verschaffen, hatte ich beschlossen zwar schon bei den meisten empfohlenen Punkten vorbeizugehen, aber in keine der gefühlten 1.000 Kirchen reinzugehen (auf die Kirchen kommen wir noch zu sprechen, den eine solche Anzahl schreit nach einem eigenen Post), in keines der Museen etc. Von Cafes war aber nicht die Rede. Genau ein solches steuerte ich nach knapp zwei Stunden laufen an, auf der Plaza Grande, gegenüber dem Präsidentenpalast, denn das viele Hügel auf und ab machte mir Durst und die Höhenluft scheint auch schneller meine Blase zusammenzudrücken. Während Kaffee und Mineralswasser langsam bereits erwähntes Organ wieder füllten, konnte ich dem bunten Treiben auf dem Platze zuschauen. Neben Herrscharen von Schuhputzern, Eis-, Handwerkskunst- und Zeitungsverkäufern, waren die Schüler einer Militärschule am auffälligsten, die obwohl sehr jung, mit großem Stolz ihre Ausgehuniformen trugen und dabei doch wie Kinder es eben tun rumalberten.
Anschliesend war das südliche Ende der Altstadt mein Ziel, denn dort ist die Calle Ronda und die soll noch kolonialer sein, als es die koloniale Altstadt ohnehin schon ist. Den Eingang zu dieser Straße bildet die Kreuzung mit einer sehr, sehr breiten Avenida. Als mich die enge Schlucht der Adobe Häuser aus ihrer Umklammerung freigab und ich auf diese Avenida trat dürften sich meine Augen etwas geweitet haben. Über dem Kessel der Altstadt war zwar noch immer strahlend blauer Himmel, aber die Spitzen der umgebenden Hügel (wobei Hügel in dem Zusammenhang leicht untertrieben ist; da Quito als höchste Landeshauptstadt der Welt auf 2.800m liegt, kann man ruhig von Bergen sprechen) schon von Wolken aufgefressen waren, es heftig Blitzte und sich der Schleier des dichten Regens rasant näherte. Ich habe es gerade so noch unter eine ca. 5m breite Steinbrücke geschafft und dann ging es schon los. Es war einer der kräftigsten Regenschauer die ich je erlebt habe, der nicht nur von noch kräftigerem Hagel begleitet wurde, sondern auch von einer Kältefront, die die 24 Grad auf ein Drittel schrumpfen liesen. Da der böhige Wind Regen und Hagel unter die Brücke trieb und somit die 5m Trockenheit nach und nach reduzierte, rückten alle Anwesenden näher zusammen. Eine Angestellte der Stadt die auf ihrem Handwagen Karton sammelte, paar kiffende Jugendliche, ein Parkplatzzuweiser, ein Pärchen das gerade mit ihrem Hund spazieren war. Letztere waren die einzigen denen das Wetter wohl nichts ausmachte, denn sie betrieben weiterhin intensiven Speichelaustausch. Ein völlig durchnässter streunender Hund gesellte sich auch dazu und da versuchte sein angeleinter Artgenosse es seinen Herrchen gleich zu tun. Dies gefiel dem Streuner gar nicht. Irgendwas störte ihn so sehr, dass er sogar bereit war weiterzuziehen und das trockene Plätzchen aufzugeben. Als er das versuchte, schlugen ihm die niederprasselnden Hagelkörner kräftig auf die Schnautze, so dass er erstmal verdutzt für paar Schritte den Rückwärtsgang einlegte. Der Schock war aber schnell verdaut und er zog seines Weges in das kalte Nass. Aber nicht laufend, ja noch nicht mal schnell gehend, sondern langsam und bei erhobenem Haupt mit einem gewissen Stolz. Ich hätte ja gern seinem Beispiel gefolgt, aber meine Regenjacke lag im Hostal. Dabei wäre dies der ideale Härtetest für das neue Teil gewesen. Tja, ja, hätte ich nur auf den Rat des Reiseführers gehorcht: in Quito erlebt man an jedem Tag drei Jahreszeiten (also außer den Teil mit dem Schnee). Oder wie der Quiteno sagt: "el tiempo es como las mujeres!".
Seit dann geh ich nicht mehr aus dem Haus ohne Regenjacke.

So auch nicht an dem darauffolgenden Samstag, zumal es von Anfang an bewölkt war, wenn es auch keine Regenwolken waren. Diesmal war den Plan ein anderer. Ich gönnte mir für 12 Dollar die Fahrt mit einem dem roten Doppeldeckerbusse. Eigentlich nur aus zwei Gründen, den ansonsten fuhr er hauptsächlich vom Vortag bekannte Punkte an. Zum Einen fuhr er den Panecillo hoch, einen der Haushügel im Süden der Stadt und zum Zweiten war eine der Haltestellen die Talstation der Drahseilbahn die auf einen 4050m hohen Felsvorsprung des knapp 4700m hohen Rucu Pichincha führt, von wo aus man nicht nur einen tollen Blick über die Stadt haben soll, sondern auch auf die gar nicht so weit gelegenen 6000er.
Da die Sonne dank der Wolkendecke nicht runterknallte, setzte ich mich frohen Mutes auf das offene Oberdeck, auch wenn es mir nicht ganz gefiel dass die Schleife nach meinem Gusto verkehrtherum gefahren wurde, also erst auf den Panecillo und dann erst zur Drahtseilbahn. Ich tröstete mich mit dem Gedanken dass es wohl doch besser ist erst auf den Hügel zu kommen und dann auf den Berg. Nach dem wir ca. 1 Stunde benötigten um die Altstadt mit ihrem Einbahnstraßenrechtsvorlinksverkehrschaosstau zu durchqueren (zu Fuß wäre es weniger als die Hälfte der Zeit gewesen), nahm der Bus schwer schnaufend den Panecillo in Angriff. Jetzt wurde mir auch klar warum Reiseführer und die Leute im Hostal davon abgeraten haben den Hügel allein und auf die herkömmliche Art zu besteigen, denn dieses Viertel war zwar noch entfernt aber doch auf dem besten Weg das zu werden was man in Brasilien als Favella bezeichnet. Mit jeder Radumdrehung mit der wir uns dem etwas verunglückten Engel der auf der Spitze tronte näherten wurde die Sicht immer beeindruckender. Klar das sowohl die Inkas als auch später die Spanier diesen Ort als strategische Anhöhe nutzten. Als wir ihn erreichten, kündigten die krächzenden Lautsprecher eine zwanzig minütige Pause an, wörtlich als Photo- und Pinkelpause bzw. zum Besichtigen und Besteigen des 41 metrigen Werk eines italiänischen Künstlers.
Am Fuße eben dieses Engels stand, wie könnte es anders sein, denn Klischees müssen bedient werden, ein Indio mit seiner Panflöte und gab Folklore der kitschigstens Sorte zum Besten. Jedoch erfolgte wie aus dem Nichts ein harter Paradigmenwechsel, bei dem ich schier zusammengebrochen bin. Auf einmal spielt der gute Mann mit viel Euphorie und noch mehr Pathos "Griechischer Wein". Was im ersten Moment befremdlich erscheint, macht aber durchaus Sinn. Ich reime mir das so zusammen: vorfolgt man aufmerksam die Nachrichten, dann stellt man fest dass, wenn irgendwo auf der Welt, und sei die Ecke noch so entfernt, ja gar nahe des Abdomen selbiger, eine Katastrophe passiert, ein Flugzeugabsturz, ein Erdbeben oder sonstwas, ein paar Deutsche derwischt es immer. Und eben dieses Wissen hat sich der schlaue Eingeborene zu Nutze gemacht: sobald der Touri-Bus auf dem Hügel erscheint, ein paar Deutsche werden schon dabei sein. Also puste was die Lungen hergeben ein deutsches Lied. Gut, "Griechischer Wein" ist von einem Österreicher, aber die Geschichte lehrt uns dass man das nicht sooooo genau trennen muss.
Nach dem ich genug in die Weite gestarrt hatte, schlenderte ich noch an paar Artesenalzeugsständen vorbei und schon war die Pause rum. Also wieder den Hügel hinab, durch die Altstadt kriechen und dann endlich Richtung Seilbahntalstation. In der dafür benötigten Stunde kam es wie es kommen musste, schließlich war es Nachmittag. Und jetzt wusste ich warum mein Bauch, trotz reichlicher Füllung mit einem venezoelanischen Frühstück, noch die Kraft fand mit das Gefühl zu geben dass es besser wäre erst zur Talstation zu fahren. Es zog sich wieder zu, zwar bei weitem nicht so dramatisch wie am Vortag, aber wo die obere Seilbahnstation liegen soll konnte ich nur raten durch die dort versammelten Wolken. Was blieb mir anders übrig als spontan umzustellen, im Tal zu bleiben und die verbleibende trockene Zeit zu nutzen um den botanischen Garten zu besichtigen. Der ist zwar nicht besonders groß, aber schön angelegt, mit allen Pflanzenarten die in Ecuador so gedeien, an denen verschlungene Pfade vorbei führten. Während ich auf diesen wandelte, erreichten die diesmal nicht so bedrohlichen Wolken auch das Tal, aber die Schleußen öffneten erst als ich den Garten verlassen hatte und mit einem großen Becher Früchtemix in der Hand die Bushaltestelle erreichte. Der letzte verdammte Touri-Bus kam einfach nicht und das obwohl er in ganz Quito der einzige Bus ist der einen Fahrplan hat. Und dabei wurde es immer dunkler und dunkler. Erst dadurch stellte ich fest dass die Handrücken rot glühten und das Gefühl der auf Oberarmen und Gesicht sich immer mehr spannende Haut ließ erahnen dass es an den Stellen auch nicht anders aussieht. Ich glaubte sogar ein leises Zischen zu vernehmen, immer wenn ein Regentropfen die nicht von der Regenjacke, die ich ja diesmal dabei hatte, verdeckte Stelle traf. Hätte ich nur auch auf den zweiten Ratschlag des Reiseführers gehört, der was mit der Stärke der Sonnenstrahlung am Äquator und dem ununterbrochene Nutzen von Sonnencreme zu tun hatte.....
 
 
Ich geh dann jetzt mal mir noch paar Hautfetzen von der Ohrwascheln runterreisen und eine neue Schicht Sunafterburnercreme (net falsch verstehen!!!!) auftragen.
 
 
Nachtrag: "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr" - Am Arsch!!!!! Regenjacke und eine dicke Schicht Sonnencreme sind meine ständigen Begleiter.

Dienstag, 21. Oktober 2014

Prolog - Teil 2

"Schau't her ... Ich bin's.
Doch nah' ich ganz ernsthaft
Und grüsse Euch, werte Herren und Frauen
Heut' als - Prologus!
"
So lässt Leoncavallo seinen Il Pagliacci beginnen. Und dann nimmt das Drama ihren Lauf. Na hoffentlich gilt dies nicht auch für diese Reise. Für diesen Blog allerdings kann ich es nicht garantieren. Allein der Zusatz Teil 2 im Titel sollte euch skeptisch stimmen. Cineastische Erfahrungen diesbezüglich lassen nichts gutes erahnen.

Nehmen wir doch z.B. unser nürnberger Mädel, die Bullock's Sandra. Was war doch Speed für ein guter Film. Und dann meint sie einen Teil 2 drehen zu müssen. Keanu Reeves hatte wohl den besseren Berater und hat gleich die Finger von gelassen. Gut, sie hat es auch schon geschafft mit Teil 1 und Teil 2 zu floppen und zwar mit Miss Undercover, den sogar so Fernsehzeitschriften wie TV Today, die sonst jeden Mist hochloben, nicht besonders gut bewertet haben. Man muss aber unserer Sandra B. auch zu gute halten dass sie später doch noch reussierte und sogar einen Oscar abgestaubt hat.
Sylvester Stallone hat es gleich zwei mal geschafft einen guten ersten Teil hinzulegen und dann gleich mehrere schlechte sequels. Rocky war damals, zu seiner Zeit, einzigartig. Was danach kam, waren nur Variationen auf dem gleichen Thema, Underdog mal gegen den arivierten, reichen Kollegen, mal gegen den Klassenfeind. Und was viele vergessen ist, dass auch Rambo ein sehr guter Antikriegsfilm war, der so gar nichts mit den daraufvolgenden Teilen zu tun hat. Auch Sly hatte dann noch seinen hellen Moment in Cop Land. Allerdings wird jetzt kaum noch viel kommen. Ich meine wie will man nach so vielen Schönheitsoperationen, mit nur einem Gesichtsausdruck, eine gute schauspielerische Leistung bringen.
Aber genug der Ausflüge in die Welt des Films, sonst muss ich mich auch noch über den Lucas Schorsch auslassen, der uns nach furiosem Anfang gezeigt hat wie paar Teddybären mit Steinschleuder, Pfeil und Bogen eine hochtechnisierte Armee mit Laserwaffen besiegt.

Insbesondere neue Leser werden sich fragen wann der Autor auf den Punkt kommt und ob er nicht das Thema verfehlt. Man kann mir aber nicht vorwerfen dass ich nicht am Anfang gewarnt hätte. Da der Einwand des werten Lesers jedoch nicht ganz von der Hand zu weisen ist, komme ich nun auf das Thema Ecuador zu sprechen. Beinah!!! Ach wie gern hätte ich mir diesmal ein Kapitel das auch nur im entferntesten das Wort Flu(ch)g enthält erspart, ich komme aber nicht drum rum paar Anmerkungen zu unseren Freunden unter dem Kranich zu machen. Sollte ich seiner Zeit unseren französischen Nachbarn und ihrer Fluggesellschaft unrecht getan haben? Verklären sich jene Ereignisse gar in der Erinnerung? Nein! Der Flug nach Dubai in diesem Frühjahr zeigt dass es auch anders geht. Aber nicht bei der Lusthansa.
Als erstes war ich mal geschockt wie hart und vor allem eng Flugzeugsitze sein können. Dabei war mir das Glück sogar noch hold, den ich hatte mir beim Onlinecheckin ein Sitz am Gang reserviert und meine Sitznachbarin, eine schweigsame, haarezählende Anfang Zwanzigjährige mit der Figur einer Vierzehnjährigen war so zierlich, um nicht zu sagen dünn, und biegsam, dass sie sich bisweilen quer in den Sitz flätzen konnte. Allerdings waren ihre Bewegungen beim Wechsel der Position schwer unkontrolliert, was ich durch ihre spitzen Ellenbogen, Knie und richtig schneidige Restextremitäten zu spüren bekam.
Das Essen war dann wirklich mieß. Und das sagt einer der so gut wie alles in sich reinstopft.
Auf jeden Fall scheint man ein größeres Kontingent Schokolade ergattert zu haben, den es gab als Nachtisch einenSchokobrownie und oben drauf noch einen übergroßen Schokotaler auf dem das Emblem der Gesellschaft tronte. Gar übervorfreudig stellte ich dann aus der Entfernung fest, dass sich mir auf dem Kaffeewagen zwei Flaschen klirrend näherten. Gut so, Essen und Schokogeschmack nicht nur runterspülen, sondern wegbrennen. Meine idealistische Anfrage "Cognac, bitte" wurde mit einem milden, nichts gutes verheißendem Lächelnd und dem Wort "Chantré" beantwortet.......
Das Beste war aber das kurz vor der Landung servierte Abendessen. Nach dem ich beim Mittagessen großzügig auf das angebotene Rindfleisch verzichtete und mich für Pasta entschied, schließlich konnte ich nur enttäuscht werden, den ich hatte zwei Abende davor zwei ordentliche Steaks kredenzt bekommen, dachte ich dass ich jetzt doch das leichte Hühnchen testen könnte. Obwohl ich recht weit vorne saß, war bei mir dann Chicken schon aus. Man setzte mir vollmundig hausgemachte Spätzle vor. Doch etwas überrascht musste ich nach dem Abziehen der schon fast rot glühenden Alufolie feststellen das die Spätzle wohl durch die hohe Strahlung die in 10.000m herrscht zu spirelliartige Macaroni mutiert sind. Der Analogkäse und der noch analogere Zwiebelschmelz waren aber spätzlemäßig.
Der Protest der Schwaben an Bord wurde unblutig niedergeschlagen.
Ja von wem eigentlich? Es war wie immer auf Langstreckenflügen. Die Chefstewardess war, ähhh, na ja, was kann man über sie sagen? Sie lebte noch. Glaub ich. Ihre Dritten (Vierten? Fünften?) kamen etwas ins klappern als wir keine viertel Stunde nach dem Start in super schwere Turbulenzen gerieten und sie des öfteren versichern musste dass das Flugzeug es aushält und für solche Situationen ausgelegt sei. Immerhin trug sie auf der ehemals stolz geschwellten Brust (jetzt tendierte sie eher in die Richtung woher der Flieger abgehoben ist) das Abzeichen in Gold "Hindenburg, ich war dabei!". Wo? Auf dem Luftschiff? Dem Politiker? Man weiß es nicht. Paar schön anzusehende junge Hüpfer waren auch dabei. Und natürlich die beiden Quotenstewards. Beide brummten so laut, dass ich schon dachte der Pilot fährt vor lauter Langeweile das Fahrwerk immer ein und aus. Aber nett und zuvorkommend waren's scho.
Und um gleich nochwas positives hinterherzuschieben: die Auswahl der Filme war gut. So halfen mir also Leo, Matt, Tom, Jack & Co. die Zeit zu überbrücken.

Als dann noch, wahrscheinlich dank der späten Stunde, die Imigracion recht flott erledigt war und sogar der Abholdienst des Hostals hinter der sich zurückziehenden Glastür zum Vorschein kam, war die Welt wieder in Ordnung.

Wie ich dann die ersten Tage in Quito verbrachte - nach der Werbung.