Dienstag, 11. Januar 2011

Flu(g)ch

Santiago. 30 Grad. Ich habe mir ein schattiges Plätzchen auf der riesigen Terrasse der Wohnung im 8 Stock gesucht, mit Blick auf den Cerro San Cristobál, den höchsten der santiaguinischen Haushügel, und auf die in der Ferne die stadtumsäumenden Anden. Nein Salma, danke, den nächsten Drink nehme ich erst nach dem ich diesen Post geschrieben und veröffentlicht habe. Na gut, aber nur so lange bis du mir die Sonnenmilch einmassiert hast.
Es ist jedoch nicht Neid den mein erster Eintrag aus Chile erzeugen soll, sondern Mitleid. Jawohl, Mitleid, den ich muss euch vom Flug berichten.
Begonnen hat es schon mal damit dass, Air France die Möglichkeit des online CheckIn bietet. Nach einer Beschreibung in fünf Schritten, wobei man in Schritt drei sich den Platz aussuchen kann. Blöd wenn es nur vier Schritte gibt, die Hotline keine Ahnung hat und das vielsagende Lächeln des Mannes vom Bodenpersonal andeutet dass dies noch nie funktioniert hat. Blöder ist es allerdings wenn besagte Fluggesellschaft Nürnberg keinen Zugriff auf das System bietet und man mir eine minutenlange Einweisung hällt wo es am Pariser Flughafen einen Transitschalter gibt - hat ja seinerzeit in Mexico Stadt schon gut funktioniert. Als in Nürnberg der Bus bereits zum Flieger losfahren wollte, bekam ich dann doch noch das Ticket durch den Türschlitz reingereicht, mit einem Platz so mittig dass es mittiger gar nicht mehr geht. Nach einer einstündigen Hetzjagd durch Charles de Gaulle, incl. Busfahrt außerhalb des Gebäudes, Zugfahrt innerhalb des selbigen und diversen Sicherheitskontrollen, wurde ich beim Boarden geschockt.
Unsere französischen Nachbarn behaupten doch immer von sich selber die schönsten Frauen der Welt zu haben. Wenn dies nur ansatzweise stimmt, dann muss die Fluggesellschaft ein verdammt hartes Auswahlverfahren entwickelt haben (mehrstufiges Assesmentcenter oder so), den so abgewrackte, hässliche Stewardessen habe ich schon lange nicht mehr gesehen und ich bin bereits Iberia und KLM auf Langstrecken geflogen. Die Chefstewardess, die war so alt, die hat bestimmt schon den Gebrüder Montgolfier die Getränke im Korb ihres Heisluftballons gereicht. Ja selbst beim Quotensteward waren die hochgegelten, blondierten Haarspitzen am ausbleichen und das eingemeiselte Lächeln am bröckeln.
Gut, die gleichen Nachbarn behaupten ja auch dass, die besten Köche der Welt Franzosen wären. Für das Catering der Fluggesellschaft arbeiten die gewiss nicht. Also hoffte ich das wenigstens der Cognac nach dem opulenten Mal einige Sterne hat. Es gab keinen. Schade. Vielleicht hätte dies das unaufhörliche Geschrei des Babys zwei Reihen hinter mir erträglicher gestaltet. Wobei man fairerweise sagen muss dass es nicht die ganze Zeit geplärt hat. Alle drei Stunden verwandelte es sich für ca. 10 Min in ein quitschiges Röcheln. Da capo. Also wenn man in der sargähnlichen Toilette gleichzeitig den Wasserhahn und die Klospühlung betätigte und es schaffte sich dabei so tief zu bücken dass, man gerade so nicht miteingesogen wurde, dann übertönte das sanfte Rauschen des Wasserfalls alle anderen Geräusche. Diesen Effekt mussten auch alle Nachbarreihen entdeckt haben; oder sie hatten einen nervösen Magen. Auf jeden Fall waren die Schlangen immer beträchtlich. Ich konnte mich eh nicht all zu oft anstellen, denn mein Gangsitznachbar, ein Koloss neben dem ich so dünn wirkte dass mich die Stewardessen schon anfüttern wollten, hatte einen langen und vor allem tiefen Schlaf, so dass ich eh nicht rauskam. Das Entertainmentgprogramm schaffte auch keine Abhilfe, den der Vogel war so alt (und ich spreche nicht mehr von der Stewardess), das die lautesten Töne die aus den Kopfhörer kamen eher mit Krächzen zu beschreiben sind. Als wir in heftigste Turbulenzen gerieten, hatte die Möglichkeit eines Absturzes all ihr Schrecken verloren, um nicht zu sagen sie erschien mir langsam als süße Alternative. Und als endlich der Boden des südamerikanischen Kontinents die Wogen des Ozeans ablösten, wollte ich nach einem Fallschirm fragen. Leider waren die Stewardessen schon lange nicht mehr gesehen worden. Entweder Altersschwäche oder sie haben die Fallschirme selbst genutzt.
All dies wurde aber von der samtigen Umarmung der sommerlichen Wärme, die einem gleich beim Ausstieg die Nerven massierte und von den ersten Eindrücken der neuen Umgebung bei der Fahrt in die Stadt wett gemacht.
Aber darüber habe ich ja noch oft Gelegenheit zu berichten. Von einem Langstreckenflug, Gott sei Dank, die nächsten drei Monate nicht.

SSSaaaaalllllllmmmmmaaaaaaaa...........

1 Kommentar:

ElTobse hat gesagt…

Joshi, alter Haudegen!
Was für eine Odyssee, aber irgendwie muss ein Auslandsepisode so beginnen...Ich erinnere mich schmunzelnd an meine damalige Ausreise. Zumindest blieb mir das Bordpersonal der Hindenburg erspart - ein herrlicher Vergleich übrigens mit Montgolfier.
Allerdings muss ich es zu tiefst bemängeln dass Du Deinen Blog ohne Bilder präsentieren willst. Nicht das ich jetzt scharf auf Bilder von Dir in der Speedo Badehose wäre - aber Salma wiederum in eben diesem Outfit würde mich schon interessieren.
Halt die Ohren steif und lass weiter was hören. zB vom chilenischen Bier oder getrocknetem Lamafleisch oder was auch immer.
Beste Grüße aus dem Büro (verdammt...)